Von Helga Rougui

 

                                                                            Ten men waiting for me at the door?

                                                                                 Send one of them home, I’m tired.

                                                                                                                     Mae West
 

 

einer von euch muß nach hause gehen

ich fühle mich heute nicht wohl
die zehn jungen männer in ihren schwarzen smokings lachten

keiner rührte sich von der stelle
und sie ahnte
das würde ein weiterer ihrer berühmten aussprüche werden
für die sie inzwischen in der filmwelt seit vierzig jahren bekannt geworden war
dabei sagte sie meist die wahrheit
wie heute zum beispiel
sie fühlte sich wirklich nicht gut
ihre perücke drückte – lange blonde locken

die ihr über den noch immer entzückenden

wenn auch seit drei jahrzehnten wohlweislich verhüllten rücken rieselten –
ihr paillettenbesetztes abendkleid – eng wie eine wurstpelle – kniff

und zwickte an der hüfte

und ihre arthrose im rechten knie ließ sie wünschen
sie hätte die roten stilettos nicht angezogen
sie wandte sich um zu frederic
ihr burgunderroter mund leuchtete verführerisch
( – oder schmerzverzerrt? – )
burgunderrot war out das war ihr klar
ein überbleibsel aus der stummfilmära
als noch mit starken farben gearbeitet wurde

des kontrastes wegen

 

sie flüsterte ihm zu

ein paar worte nur

dem jungen mann vibrierend vertraut
er verstand

heute sollte er es sein

ihr auserwählter
mach daß sie nach hause gehen

 

und er wandte sich um

musterte die anderen männer ohne ein wort

so daß sie nach und nach verstummten

sich abwandten

und gingen

 

er roch ihren duft

und wußte

seine belohnung würde kommen

er fieberte wenn er daran dachte

seine belohnung

nur für ihn allein

nur heute abend

nichts weiter als …

ein kuss …

 

DER kuss

 

I H R  K U S S