Martina Zimmermann

Ich sehe sie jeden Tag. Meine große Liebe, alles was mir jemals etwas bedeutet hat und immer bedeuten wird.  Wenn sie auf unserem Balkon sitzt und dem Vogel zusieht, wie er unser Lied zwitschert, dann weiß ich sie erkennt es. Ich sehe es in ihrem Gesicht, dieses Strahlen. Es gibt mir Hoffnung und bestärkt mich.

 

Mit dem Wind, der heute besonders mild ist, weich und doch kraftvoll, umspiele ich ihre Silhouette. 

Ich streichel ihre Wange und berühre sie sanft. Maria spürt mich. Sie lächelt und legt ihre Hand genau dort hin. 

Sie schaut in den Garten, der zu dieser Jahreszeit karg ist. Grau und brach liegen die Beete und niemand würde ihn eines Blickes würdigen. Doch Maria schaut hinaus, als wenn sie etwas darin erkennen würde. 

Ich weiß, sie sieht mich und sie spürt mich im Winde. Ihr Blick verrät es mir, wir brauchten keine Worte um uns zu verstehen. Blicke und Gefühl. Fast wie früher unsere Nähe zueinander. Zärtliche Berührungen die ich ihr schenke. Und doch ist alles anders.

 

Ich bin der Wind, der sie streichelt, die Sonne die warm auf ihre Haut scheint und der Regen, der auf sie hinab fällt. Der Vogel, der unser Lieblingslied singt. Ich bin alles, behüte und beschütze sie so gut ich kann.

 

Wir beiden schworen uns ewige Liebe. 

„Bis über den Tod hinaus werde ich bei dir sein“, hatte ich ihr versprochen. 

Maria hatte verstanden und fest daran geglaubt. Nichts kann uns trennen. 

 

Als ihre Pflegerin sie von dem Balkon nach innen führen wollte, sagte sie: 

„Ich möchte noch ein wenig hier bleiben, Harald singt gerade unser Lied.“ 

Die Frau sah sie verwundert an. „Da ist ein Vogel, weiter nichts, kommen sie herein.“ 

Maria blickte in dieses ahnungslose Gesicht. Sie wusste, diese Frau sah nicht das was sie sah. Sie hörte nicht das was sie hörte. Maria schien traurig zu sein, dennoch folgte sie der Pflegerin hinein in die Wohnung. Sie konnte es nicht verstehen.

 

Wir beide wissen es. Für immer verbunden und wir spüren unsere Nähe. Sie besteht weiter. 

Maria fühlt sich einsam. Ich spüre es und kann nichts tun.

Verzweifelt versuche ich ihre nahe zu sein, doch körperlich bin ich von dieser Welt verschieden.

 

Zeit wird Raum, aber die Liebe bleibt… Wunsch wird Traum, aber die Liebe bleibt…

Wenn uns auch das Leben vieles nahm, was ich von dir bekam, das kann mir niemand nehmen.

Unser Lieblingslied. 

 

Schon Nana glaubte daran. Warum glaubt sonst niemand an die ewige Liebe über Zeit und Raum?

Ich weiß es genau, sie existiert und Maria spürt mich.

 

Manchmal wie der Vogel im Winde, der unser Lieblingslied singt. 

Ich bin die Sonne in ihrem Leben und strahle auf ihre Haut. Der Wind, der sie berührt auf seine eigene Art. Ich passe auf sie auf, denn die Liebe bleibt.

 

Sie spürt mich und genießt es, dass ich bei ihr bin. 

Maria weiß, sie ist nicht alleine. Aber sie darf es niemandem sagen. Alle würden sie für verrückt halten. Das ist so schade… 

Warum glaubt ihr niemand?

 

Wir glauben an das was wir sehen, aber ich weiß,

die Liebe bleibt für immer…