Von Miklos Muhi

Es war einmal in einem fernen Königreich ein großer, abgelegener Bauernhof. Da lebte ein Mädchen namens Maria-Johanna mit ihren Eltern in großer Armut. Eines Tages wurde die Mutter krank. Sie litt lange unter schrecklichen Schmerzen. Keiner konnte ihr helfen.

 

Nachdem die Mutter gestorben war, machten sich Vater und Tochter auf dem Weg. Sie wollten erfahren, was sie falsch gemacht haben und was sie besser gemacht haben konnten. Sie reisten von Land zu Land und von Arzt zu Arzt. Von der Reise brachten sie ein Säckchen mit verzaubertem Saatgut nach Hause. Sie säten im nächsten Frühling alles aus.

 

Ein langer und heißer Sommer folgte. Sie litten sehr unter der Hitze und mussten von morgens bis abends auf den Feldern schuften, um nicht zu verhungern. Die verzauberten Pflanzen wuchsen schnell und ihr Duft erfüllte die Fluren.

 

Als dann die Zeit der Ernte kam, wurden die Pflanzen getrocknet und auf dem Heuboden eingelagert. Im Winter verkauften Maria-Johanna und ihr Vater nach und nach alles auf dem Markt. Mit dem Geld konnten sie das alte Bauernhaus renovieren und anständige Kachelöfen für den kommenden Winter bauen lassen.

 

Im Jahr darauf säten sie wieder verzauberte Pflanzen. Die Kunde ihres Wohlstands verbreitete sich schnell und es dauerte nicht lange, bis verwitwete und alleinstehende Damen beim Vater Schlange standen. Als die Zeit der nächsten Ernte kam, war er wieder verheiratet. Seine Frau mochte Maria-Johanna nicht, aber den Wohlstand, den mochte sie. Maria-Johanna konnte die täglichen Sticheleien nicht mehr ertragen, so nahm sie sich eines Tages eine Handvoll des verzauberten Saatguts und verließ den Bauernhof.

 

Sie irrte in den Wäldern herum, bis sie völlig erschöpft in der hereinbrechenden Dunkelheit auf eine Hütte stieß. Keiner war zu Hause. Drin gab es einen langen Tisch mit fünf schmutzigen Tellern und Löffeln darauf, fünf ungemachte Betten, ein Sofa und staubige Halter für verschiedene Musikinstrumente.

 

Maria-Johanna war sehr müde, aber sie wollte die Hütte nicht ohne Gegenleistung nutzen. Sie spülte, putzte die ganze Hütte, wischte den Staub und machte die Betten. Nach getaner Arbeit legte sie sich aufs Sofa und schlief sofort ein.

 

In den frühen Morgenstunden kamen die Bewohner, die fünf Rasta, die Musiker waren, nach einem Auftritt nach Hause.

»Schaut mal, jemand hat gespült!«, sagte der Sänger.

»Keine Brösel auf dem Boden«, wunderte sich der Gitarrist.

»Die Gitarrenhalter sind auch alle ganz sauber«, sagte der Bassist.

»Unglaublich. Was ist hier los?«, fragte der Schlagzeuger.

»So viel haben wir doch nicht …«, murmelte der mit dem Keyboard.

 

»Hallo Jungs! Entschuldigt, aber ich habe mich verirrt und« sie drehten sich überrascht um und schauten wie gebannt Maria-Johanna an, die vor dem Sofa stand und gähnte.

 

Alle setzten sich zu den Tisch und redeten lange. Maria-Johanna erfuhr, dass die Musiker ihr Dasein mit Auftritten auf Jahrmärkten bestritten. Sie erzählte ihnen, wie und warum sie zu ihrer Hütte gelangte.

 

»Ich weiß, wir sollten dir anbieten, hier zu wohnen«, meinte der Sänger, »aber wir kommen selbst kaum über die Runden. Du darfst bleiben, wenn du zum Haushalt beitragen kannst.«

Maria-Johanna sagte nichts. Sie griff in ihre Tasche, holte das Säckchen mit dem verzauberten Saatgut heraus und ließ es umgehen.

»Ist das … ?«, fragte der Bassist ungläubig.

»Oh ja, das ist es. Ich habe es mit meinem Vater angebaut, bevor ich abgehauen bin« Maria-Johanna lächelte verlegen.

»Ich denke, du kannst bleiben«, sagte der Gitarrist, »Nun sollten wir aber schlafen, denn wir haben die ganze Nacht musiziert. Sei bitte leise, bis wir alle wieder wach sind.«

 

Die Musiker legten sich zum Schlafen und Maria-Johanna verließ das Haus. Im Schuppen fand sie einige Gartenwerkzeuge. Dann suchte sie eine nahe gelegene Lichtung und tat, was sie am besten konnte, nämlich einen Garten anlegen und säen.

 

Die fünf Rasta fanden viel Inspiration mit ihrer Hilfe und wurden berühmt. Wegen der vielen Auftritte waren sie selten zu Hause und Maria-Johanna genoss die Zeit allein. Sie genoss auch die Zeit mit den Musikern, die ihr verschiedene Geschenke aus der ganzen Welt mitbrachten.

 

Fast den gesamten Ertrag ihres Gartens brauchten sie selbst auf. Sie konnten kaum etwas zum Markt bringen, aber auch das wenige ging weg, wie warme Semmel.

 

Inzwischen wurde Maria-Johannas Stiefmutter zur unumstrittenen Chefin auf dem Bauernhof. Sie vermehrte fleißig das Vermögen des Vaters. Sie war sich sicher, dass das alles eines Tages ihr zufallen würde, denn sie hat Maria-Johanna vom Friedensrichter für tot erklären lassen.

 

Eines Tages fragte sie ihren besten Verkäufer:

»Ist meine Ware begehrt?«

»Ja, Herrin, sehr sogar. Nur die der fünf Rasta, die mit einem Bauernmädchen tief im Wald leben, ist noch begehrter, obwohl sie kaum zu bekommen ist.«

 

Der Blick der bösen Stiefmutter verfinsterte sich. Ihr zähnefletschendes Lächeln wurde aber breiter. Sie wusste tief im inneren ganz genau, wer das Bauernmädchen war.

»Gut, gut. Sehr gut sogar. Tot oder nicht, im Kerker erbt man nichts.«

 

Sie fand heraus, wo genau Maria-Johanna hauste und flüsterte verkleidet den Soldaten alles zu, was sie über die Plantagen um die Waldhütte der fünf Rasta wusste.

 

Maria-Johanna und Musiker wurden in den Kerker gesperrt. Alle wurden Tag und Nacht befragt und ihrer Plantage drohte die Vernichtung. Sie waren traurig, denn viele Auftritte wurden abgesagt und Maria-Johanna vermisste ihre Freiheit.

 

Das alles sorgte im ganzen Königreich für Aufsehen. Das Volk redete über sie und darüber, wie sie die Soldaten für so lange Zeit für dumm verkaufen konnten.

 

Während der Untersuchung wurde der alte König sehr krank und hatte schreckliche Schmerzen. Die besten Ärzte wurden aus dem ganzen Land, sogar aus den benachbarten Königreichen zum Hof gerufen, aber keiner konnte ihm helfen.

 

Eines Tages besuchte der höchste Richter den König. Sie waren schon seit ihren Kindertagen Freunde und der Richter erzählte ihm über den Fall der Maria-Johanna.

 

Der alte König wurde hellhörig und befahl einen Teil der Ernte zum ihm zu bringen. Er kostete und es ging ihm sofort besser. Er konnte so seine letzten Tage im Frieden und ohne Schmerzen verleben.

 

Bevor das Unausweichliche eintrat, wurden Maria-Johanna und die Musiker aus dem Kerker geholt und zum König gebracht. In ihrer Anwesenheit verlas er das Edikt, das den Anbau für alle erlaubte. Bei der Zeremonie war auch der Kronprinz anwesend. Alles jubelte und der Kronprinz konnte seine Augen nicht mehr von Maria-Johanna nehmen.

 

Ein Jahr nach dem Tod des alten Königs wurde wieder gefeiert, sogar zweifach. Der Kronprinz wurde gekrönt und heiratete Maria-Johanna. Es gab ein riesiges Fest am Hofe und die fünf Rasta musizierten drei Tage und Nächte lang.

 

Maria-Johannas Stiefmutter war sehr wütend darüber, dass jetzt alle verzauberte Pflanzen anbauen dürften. Sie versuchte sich mit ganz giftigen Pflanzen, die aber sie selbst vergiftet und getötet haben.

 

Das Volk war dankbar für den Frieden. Der neue König herrschte lange, gerecht und weise und hatte mit Maria-Johanna viele Kinder. Wenn sie nicht gestorben wären, lebten sie noch heute.

 

Version 2