Von Christiane Labusga

Oma Schmodtke kann es gar nicht leiden, wenn Easy mit Peach unterwegs ist. Easy dagegen schon. Oma Schmodtke weiß, dass Peach schlecht für Easy ist. Easy stimmt ihr nicht zu. Aber Oma Schmodtke sieht, dass aus dem lieben Easy ein unglücklicher Easy geworden ist, seit er Peach kennt, und sie bleibt bei ihrer Meinung.

 

Easy ist mit Peach unterwegs, sie machen eine Abendtour durch einen fremden Kiez und Peach erregt überall Aufmerksamkeit. 

Sie setzen sich vor einen Kiosk und teilen sich eine Flasche Pils, als ein Macho-Punk voller Nieten und Ketten und einem sehr kurzen Igel sich zwischen sie setzt.

 

„Babe, von dir habe ich letzte Nacht geträumt!“ Er greift sich in den Schritt und stöhnt.

„Ich bin mit Easy hier“, kommentiert Peach und schaut die Straße hinunter.

„Easy? Ist das der Spargel hier nebenan? Den mach ich zur Schnecke, für dich, meine Schönste.“

Er wendet sich zu Easy: „Mach die Fliege, die Braut übernehme ich!“

Easy sagt: „Nein.“ (Und er weiß überhaupt nicht, woher ihm der Mut kommt.)

„Hast du das gehört, Lady?“ wendet sich der Macho wieder an Peach. „Der Spargel kann sprechen!“

Er beginnt demonstrativ laut zu lachen und schlägt sich auf den Schenkel: „Jungs, der Spargel kann sprechen!“

Noch mehr Macho-Punks erscheinen plötzlich vor den dreien. Besoffen grölen sie mit.

„Der Spargel kann nicht nur sprechen“, wendet sich Peach an den Macho, „ der Spargel kann dich sogar töten. Problemlos. Denn der Spargel ist ein echter Psycho. Oder warum glaubst du, dass ich, ich, schau mich an! hier mit dem sitze? Also hau lieber ab und nimm deine Idioten mit!“

 

Das Argument zieht offensichtlich, Macho-Punk steht wortlos auf und sammelt seine Jungs für den Rückzug ein. Sie verschwinden in der Nacht.

„Danke.“

Easy fühlt sich ein bisschen unwohl, irgendwie hat Peach ja bestätigt, dass er ein Spargel ist…

„Nichts zu danken. Die haben echt genervt.“

 

Oma Schmodtke liest in der nächsten Morgenpost eine Eilmeldung von Punker-Unruhen in einem benachbarten Kiez. Anscheinend ist dort ein Psycho-Punk aufgetaucht, der brutal die Szene aufmischt. Er hatte sogar eine Geisel dabei. Die Beschreibung ähnelt in Ansätzen Peach und Easy: Die Schönheit und der kümmerliche Psycho. Oma Schmodtke stöhnt: „Peach muss weg!“

 

Als Easy Erwin zum Ausführen abholen will, fragt ihn Oma Schmodtke so nebenbei, ob er auch schon was vom Psycho-Punk gehört hat.

„Nee“, kommt es so unglaubwürdig, dass Erwin ein grollendes Dackel-Knurren herauslässt.

„Peach muss weg!“, denkt Oma Schmodtke. „Nur: wie?“

 

Im Kiez spricht es sich langsam herum, dass Easy der berüchtigte Psycho-Punk sein soll. Easy schüttelt nur immer den Kopf, wenn ihn jemand danach fragt, aber Peach setzt sich gerne in Szene als Freundin des Grusel-Punks. Es wird ja auch langsam Halloween.

 

Schließlich klingelt es bei Oma Schmodtke, als Easy gerade mit Erwin zurück ist und am Küchentisch auf die Belohnung wartet: Kohlrouladenmousaka, eine Spezialität von Oma Schmodtke.

Die Polizei: „Frau Schmodtke, wir wurden informiert, dass das Subjekt Gernot Willenbroich bei Ihnen untergetaucht ist, auch bekannt als Psycho-Punk.“

„Kenne ich nicht.“

„Sie haben Besuch?“

„Ja, der Junge, der meinen Hund ausführt. Ich bin ja nicht mehr so gut auf die Füße.“

„Können wir mit ihm sprechen?“

„Easy, kommste mal an die Tür?“

„He?“

„Polizei. Will mit dir sprechen.“

 

Easy grübelt. Er hat ja nun wirklich schon lange nichts Illegales mehr gemacht, keine Drogen, keinen kleinen Klau für was zu essen (Dank an Oma Schmodtke). Also schlendert er entspannt zur Tür, kann ja nur ein Irrtum sein.

 

„Sie sind besagter Easy? Gernot Willenbroich?“ Der Beamte nimmt ihn scharf ins Visier bzw. in den Blick.

„Äh, ja. Ja?“

„Und Sie kennen eine gewisse „Peach“, Alexandra von Wolfersheim?“

Oma Schmodtke stöhnt, das hat sie nicht gedacht, nicht in den schlimmsten Träumen!

„Peach: Ja. Die andere nicht.“

Oma Schmodtke schnauft. Der Junge ist einfach zu naiv!

„Wo befindet sich diese „Peach“ nun?“

„Ähm, vielleicht in Wiesbaden, also da in der Nähe, im Taunus, ich hab keine Ahnung, sie wollte zu ihren Eltern, weil da irgendein Jubiläum ist.“

„Zur 100-Jahr-Feier der Wolfersheim AG?“

„Weiß nicht, klingt aber gut?“

Oma Schmodtke schnappt nach Luft.

„Wann haben Sie „Peach“ zuletzt gesehen?“

„Gestern. Ich habe sie zur Bahn gebracht.“

„Wann war das genau? Sie ist bisher nicht zuhause aufgetaucht.“

„Es war schon spät. Der letzte ICE Richtung Frankfurt.“

Jetzt mischt sich Oma Schmodtke ein: „Peach ist ziemlich flexibel, wissen Sie. Abenteuerlustig. Wenn die in Frankfurt ankommt, dann schaut sich die erst mal um, bevor sie zu ihrer Familie weiter fährt.“

Der Beamte nickt.

„Hier soll auch ein gewisser Psycho-Punk leben?“

„Nein!“, Oma Schmodtke ist so bestimmt wie noch nie. „Hier im Kiez gibt‘s keine Psychos, höchstens mal einen durchgeknallten Alki. Oder haben Sie schon mal von hier was Komisches gehört?“

„Nee“, der Beamte lacht, „Komisches schon, aber nichts Psychokomisches, hahahah!“

 

Als die Polizisten endlich gehen, schmeisst Oma Schmodtke die Haustür zu und wendet sich sehr ernst an Easy: „Diese Peach kommt uns nicht mehr ins Haus!“

Easys „Aber, Oma Schmo…“ geht im wütenden Bellen von Erwin unter.

 

Ein paar Tage später liest Oma Schmodtke in ihrer geliebten Morgenpost, dass der auf Abwege geraten Spross einer kleinen, aber feinen Bankiersfamilie aus dem Taunus reumütig in den Schoß der Familie zurück kehrte, nach dem sie der rauen Realität des Undergrounds entkommen ist, wo sie schutzlos den kriminellen Begehrlichkeiten linker Outlaws ausgesetzt war. Das beigefügte Foto zeigt eine Alexandra von Wolfersheim, frisch getrimmt, elegante Frisur, teuerstes Business-Outfit, bereit, als Trainee in den Vorstand einzusteigen.

„Peach, Peach, jetzt bleibst du hoffentlich für immer weg!“ 

Oma Schmodtke schließt die Zeitung.